Interviews

Ein paar Fragen an...

Der Cast von »Follies« stellt sich vor
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Premierenmotiv: formdusche.de
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Jacqueline Macaulay (Phyllis)
Fotos: Christine Fenzl
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Auch, wenn Sie schon Musicalrollen in Berlin gespielt haben, ist Phyllis als Protagonistin in dieser riesigen Produktion sicher etwas besonderes. Wie fühlen Sie sich damit?
Bis jetzt fühle ich mich noch gut damit… auf der Probebühne. Fragen Sie mich nochmal, wenn es mit allem drum und dran auf die Bühne geht! Großen Respekt habe ich vor dem Orchester, denn damit habe ich in dieser Größenordnung noch nicht gearbeitet.

Welche Herausforderungen – außer Singen und Stepptanzen – bringt ein Musical im Vergleich zum Theater oder dem Fernsehen mit sich?
Jedes Genre hat eine andere Arbeits- und Spielweise, wobei Musical und Theater natürlich vieles gemeinsam haben. Man arbeitet meistens chronologisch am Stück und tastet sich gemeinsam vor. Beim Musical kommt die Musik und die Choreografie dazu. Beim Theater diskutiert und improvisiert man meistens viel mehr und hat zwar Verabredungen innerhalb einer Szene, aber die sind oft nicht sehr festgelegt. Dadurch bleibt es spontan und frisch.

Beim Film ist jeder Drehtag wie eine Premiere. Wenn die Szene im Kasten ist, kann man nicht mehr viel ändern und es gibt wenig Raum für Improvisation, auch weil meistens leider die Zeit fehlt.

Wie fühlt es sich an, eine Ehekrise zu spielen? Wie sehr, finden Sie, liebt Phyllis ihren Mann?
Ich finde es super, eine Ehekrise zu spielen! Wer kennt das nicht?! Nicht nur Phyllis hat eine Ehekrise, alle anderen haben auch Krisen. Sei es in der Ehe, oder überhaupt im Leben. Konflikte zu spielen, ist immer interessant!

Meiner Meinung nach liebt Phyllis ihren Mann trotz allem sehr, aber es ist eine sehr schwierige und ungleiche Beziehung, in der es viele Verletzungen gab. Ob die Beziehung wirklich zu retten ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht…

Worauf darf sich Ihrer Meinung nach das Publikum am meisten freuen, wenn es ins Theater geht, um sich »Follies« anzusehen?
Auf großartige Kostüme, ein imposantes Bühnenbild, tolle Choreografien und alles unterfüttert von einem großen Orchester mit der Musik von Stephen Sondheim. Eine große Show mit Tiefgang und Drama!

Mit welchem Charakter im Musical würden Sie gerne mal einen Kaffee trinken gehen? Warum?
Mit Carlotta: Eine Frau die viel erlebt hat, gekämpft hat und unabhängig ist. Sie ist eine moderne Frau für damalige Verhältnisse. Wir spielen das Stück immerhin in den 70er Jahren, wo das Frauenbild noch ein ganz anderes war.
Interview: Simon Rech (Hospitant Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)

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Albert Horne (Dirigent)
Foto: David Bruwer
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Foto: Johannes Lay
In »Follies« dirigieren Sie nicht nur Orchester, Chor, Cast und eine Band auf der Bühne, sondern singen dazu auch noch selbst eine Rolle. Wie kam es dazu?
Es war das Konzept des Regisseurs, dass Dimitri Weismann, der beliebte Impresario der Follies-Revue, auch der Dirigent der Show ist und damit die Barriere zwischen der Bühne und dem unsichtbaren Dirigenten im Orchestergraben durchbricht. Weismann holt alle Darsteller für einen letzten Abend zusammen, bevor das Theater abgerissen wird. Obwohl ich mich weder als Schauspieler noch als Sänger sehe, nehme ich die Herausforderung natürlich gerne an. Wer würde nicht mit solch talentierten Darsteller:innen auf der Bühne stehen wollen?!

Sie haben schon viele zeitgenössische Kompositionen und Musicals geleitet, die alle mit ihren eigenen Herausforderungen und Eigenheiten daherkamen. Was macht »Follies« in dem Sinne für Sie besonders?
»Follies« ist nicht nur eine Musical-Revue mit wundervollen Musiknummern - es ist ein Stück mit Herz und Substanz, Pathos, Melancholie, Wut, Verlust und Glück. Musikalisch bleibt es interessant - wir haben ein Stück mit fantastischer Musik und einem Blick zurück auf die Broadway-Nummern aus den 20er, 30er und 40er Jahren, gemischt mit tiefgreifenden Dialogen und zarten Momenten. Es ist definitiv eines meiner Lieblingsstücke, das garantiert jeden einzelnen Zuschauer berührt.

Welche Gattung dirigieren Sie denn lieber – Oper oder Musical?
Obwohl ich für die Oper arbeite und mein Herz für sie schlägt, sind alte Musicals definitiv mein »guilty pleasure«! Ich bin ein absoluter Fan der Musicals von Rodgers & Hart, Kern & Hammerstein, Lerner & Loewe und Kander & Ebb, wobei Sondheim natürlich meine Nummer 1 ist!

Worauf darf sich Ihrer Meinung nach das Publikum am meisten freuen, wenn es ins Theater geht, um sich »Follies« anzusehen?
Eine perfekte Besetzung mit außergewöhnlich talentierten Darsteller:innen - einige neu und einige sehr bekannt, die der großartigen Partitur von Stephen Sondheim absolut gerecht werden. Ich habe schon lange nicht mehr so viele Allrounder zusammen in einer Produktion gesehen. Musikalisch ist für jeden etwas dabei, und mit dem fantastischen Spiel des Hessischen Staatsorchesters verspricht es, der Hit der Saison zu werden!

Mit welchem Charakter im Musical würden Sie gerne mal einen Kaffee trinken gehen? Warum?
Es müsste Joanne aus Sondheims »Company« sein - eine bissige und anspruchsvolle Dame, zu alt für die jungen Leute und zu jung für die alten Leute. Sie wahrt stets eine freche und selbstbewusste Fassade, die zusammenbricht, wenn sie mit ihrem Mann allein ist. Sie hätte sicher einige erstaunliche Geschichten zu erzählen!
Interview: Simon Rech (Hospitant Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)

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Thomas Maria Peters (Ben)
Fotos: Nils Schwarz
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Vor über 10 Jahren spielten Sie Tobias Ragg in »Sweeney Todd«, auch von Stephen Sondheim, davor Jesus in »Jesus Christ Superstar«. Nach unseren Recherchen waren das Ihre letzten Gesangsrollen im Musiktheater, bis heute, wo Sie Ben in »Follies« spielen. Also direkt wieder eine Hauptrolle in einer riesigen Produktion. Wie fühlen Sie sich damit?
Es ist in der Tat eine riesige Produktion. Und es fühlt sich an wie eine verrückt-gefährliche Achterbahnfahrt, für die ich ein Front-Row-Ticket geschenkt bekommen habe. Ich darf den Ben ja nicht nur spielen, sondern muss ihn vor allem auch singen. Und als Quereinsteiger – der ich im Musiktheater immer war – hab ich da schon ganz amtlich die Hosen voll. Vor allem, wenn man mit so unfassbar tollen anderen Stimmen die Bühne teilen darf. Aber ich bin dankbar, ein Teil dieser Produktion sein zu dürfen und versuche mein Bestes in dieser nicht einfachen Rolle.

Neben dem Einsprechen, dem Schauspielern und dem Regie führen haben Sie über die Jahre auch immer wieder in verschiedenen Konstellationen Musik geschrieben, eingespielt und aufgenommen. Was daraus können Sie aus diesem Hintergrund auf die Bühne mitnehmen?
Unter anderem ist ja das Verrückte an meinem Beruf, dass es mit jeder neuen Produktion im Grunde wieder komplett bei Null beginnt. Und das birgt jedes Mal wieder unzählige Möglichkeiten für ganz neue Gefahren, Erfahrungen und Erkenntnisse. Darum finde ich persönlich es auch nicht so spannend, in eine Produktion allzu viel Altes mit reinzubringen, sondern ich versuche viel lieber, mit was Neuem rauszugehen. So geht es mir auch mit »Follies«. Es ist ein bisschen wie Erster Schultag.

Das Publikum wird sich in den Charakteren aus »Follies« sicherlich auf alle möglichen Weisen wiedererkennen. Finden Sie etwas von sich in Ben wieder?
Auf der einen Seite hat die Rolle des Ben erstaunlich viel von mir, bzw. ich von ihm. Und auf der anderen Seite bin ich aber ein komplett anderer Mensch, als Ben es ist. Das klingt unlogisch, ist aber so. Und genau das bietet bei unserem Aufeinandertreffen jede Menge Platz für gegenseitiges Wachstum. Und wenn da vielleicht dann auch noch der oder die eine oder andere Außenstehende andocken könnte, wäre das natürlich eine feine Sache.

Worauf darf sich Ihrer Meinung nach das Publikum am meisten freuen, wenn es ins Theater geht, um sich »Follies« anzusehen?
Auf einen extrem unterhaltsamen Mix aus leichter Lebensfreude und existenziellem Tiefgang. Und auf ein ziemlich tolles Ensemble in rattenscharfen Kostümen.

Mit welchem Charakter im Musical würden Sie gerne mal einen Kaffee trinken gehen? Warum?
Am liebsten mit Allen. Gleichzeitig. Und nicht ins Café, sondern in so eine richtige Kaschemme. Das gäb‘ ne mächtig gute Sause, glaub ich. Die erste Runde ginge jedenfalls auf mich!
Interview: Simon Rech (Hospitant Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)

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Dirk Weiler (Buddy)
Fotos: Bernd Brundert
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Sie sind ein sehr erfahrener Schauspieler, Choreograph, Sprecher und Sänger. Sogar stepptanzen können Sie sehr gut. Aber man lernt ja bekanntlich nie aus. Was kann man mit so einer Vita aus einer Produktion wie »Follies« noch mitnehmen?
Nun, ich habe meistens das Gefühl, dass man ja immer wieder vorn anfängt. Jedes Stück, jede Rolle ist ja neu, wenn man ihr zum ersten Mal als Spieler begegnet. »Follies« ist ein ganz besonderes Stück, das ich auch schon sehr lange kenne. Persönlich lerne ich hier sicherlich noch einiges. Sondheim schreibt Texte und die Musik unglaublich eng miteinander verknüpft. Das ist schon sehr idiomatisch. Wir spielen und singen aber in der deutschen Übersetzung. Hier gilt es natürlich zu versuchen, diesen amerikanischen Fluss der Sprache – das Idiomatische – so gut es geht mit ins Spiel und unsere Sprache zu übertragen. Außerdem sind die Lieder, die ich zu interpretieren habe, sehr komplex, sehr szenisch. Es sind nicht einfach nur Songs, es sind vertonte Monologe, Spielszenen, die man gedanklich, spielerisch und gleichzeitig auch sängerisch meistern muss. Da sucht man nach dem besten Kompromiss, dem besten Verhältnis zueinander, um die Geschichte gut zu erzählen. Und sich das anzueignen und dann das Eigene daraus zu schaffen, ist eine ziemliche Herausforderung bei Sondheim – allgemein und besonders aber auch in »Follies«.

Ihre Gesangsrollen beschränken sich nicht nur aufs Musical, Sie haben auch schon ein paar Partien in Operetten gesungen. Beide Gattungen kommen mit ihren eigenen Herausforderungen daher. Welche sind das für Sie und wie gehen Sie damit um?
Ich glaube nicht so sehr daran, dass die Gattungen an sich so unterschiedlich sind. Es gibt in beiden Gattungen die unterschiedlichsten Rollen, Partien oder Stile. Es ist auch im Genre Musical ein großer Unterschied, ob man nun einen Max in »Sunset Boulevard«, einen Buddy in »Follies« oder einen Joey in »Sister Act« spielt bzw. singt. Max in »Sunset Boulevard« ist zum Beispiel viel klassischer angelegt als Buddy, der sehr schauspielerisch (und dann doch gesanglich ziemlich herausfordernd) geschrieben ist. Auch in der Operette ist es ja ein großer Unterschied, ob man nun einen Theophil oder einen Lämmermeier in »Frau Luna« spielt, oder ob man Danilo oder Njegus in der »Lustigen Witwe« interpretiert. Im Musical gibt es die unterschiedlichsten kompositorischen Stile und somit auch unterschiedlichste gesangliche Herausforderungen. Für einen Max übe ich natürlich dann nochmal anders als für einen Buddy. Das ist dann manchmal ein anderes Warm-Up, oder ich arbeite dann nochmal mit meinen Lehrern und Coaches daran. Da sind natürlich Gesangsunterricht und musikalische Proben das A&O für den Versuch, diesen unterschiedlichen Stilen auch nur annähernd gerecht zu werden.

Sie spielen mit Buddy ja eine nicht nur sehr große Rolle, sondern auch einen komplexen Menschen, mit dem sich das Publikum identifizieren wird. Finden Sie sich auch in Buddy wieder? Wenn ja, worin?
Ich finde mich natürlich in Buddy wieder, denn ich werde ihn ja (unter anderem) spielen. Das heißt, ich kann ja nicht jemand anderes sein, ich werde ja immer eigentlich nur ich sein, ob als Buddy oder als andere Figur. Damit will ich sagen, ich finde weniger mich in Buddy wieder, sondern versuche einen Buddy in mir zu finden. Wenn mir das dann ein Stück weit gelingt, dann kann sich hoffentlich auch das Publikum mit Buddy identifizieren, weil es dann eventuell einen authentischen und aufrichtigen Zugang zu ihm finden kann. Da wünsche ich mir am besten jetzt selber mal toi toi toi für diese Aufgabe.

Worauf darf sich Ihrer Meinung nach das Publikum am meisten freuen, wenn es ins Theater geht, um sich »Follies« anzusehen?
Da würde ich jetzt gerne alles nennen, die tolle Musik, das große Orchester, die schöne Bühne, die fantastischen Kostüme, die Geschichte, die Charaktere. Am meisten vielleicht aber kann man sich auf diese tollen Figuren freuen. Ich habe in dieser Produktion so wunderbare Kollegen, die mich alle inspirieren und mit denen es unglaublich viel Spaß macht, zusammen zu spielen. Und alle Figuren (ich meine damit wirklich alle) in diesem Stück haben so viel Geschichte und Tiefe. Das ist alles so plastisch und viel-dimensional, dass man sich freuen kann, diesen tollen Menschen in diesem Stück zu begegnen.

Mit welchem Charakter im Musical würden Sie gerne mal einen Kaffee trinken gehen? Warum?
Eigentlich am liebsten mit allen mal. Das sind alles so wunderbare Gestalten. Und ich mag Menschen, oder wie Buddy im Stück sagt: »... ich mag's, Menschen zu treffen, neue Orte zu sehen; hält einen fit.« Also möchte ich mich nicht für einen Charakter entscheiden müssen. Ich lerne sie gerne alle kennen, denn sie haben sicherlich allesamt eine wunderbare Geschichte zu erzählen. Und was kann es schöneres geben, als persönlichen Geschichten von Leuten zuzuhören und dadurch die Menschen kennenzulernen?
Interview: Simon Rech (Hospitant Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)

Interview mit Pia Douwes und April Hailer
Sendung hr2-kultur: »Musikland Hessen«, 30.9.2023
Moderator: Bastian Korff