»Die Welt will getäuscht werden«

Gemeinsam mit dem Wiesbadener Salon- Ensemble hat Chris Pichler schon 2022 das Publikum mit »Mozarts Frauen«, einer ihrer musikalischen Lesungen, begeistert. Immer wieder tritt die Schauspielerin mit literarischen Programmen auf (häufig auch in Wiesbaden), die sie musikalisch höchst niveauvoll begleiten lässt.

Diesmal werden die Melodien von Komponisten wie Johann Strauss, Charles Gounod, Léo Delibes, Richard Wagner und Dmitri Schostakowitsch Pichlers Lesung von Thomas Manns Jahrhundert-Roman »Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull« untermalen. Inspiriert von den 1905 veröffentlichten Memoiren des rumänischen Hoteldiebes und Hochstaplers Georges Manolescu, erfand Mann die Figur des Rheingauer Sektkellerei-Sohnes Felix Krull, eines kongenialen Hasardeurs, der sein Glück darin findet, fortwährend als etwas anderes zu erscheinen, etwas Besonderes.

Schon als Knabe findet Felix Krull Gefallen an Verkleidungen und Phantasien, aber auch an Fälschungen und Nachahmung, und kommt schnell zu dem Schluss: »Es ist ein allgemeines, menschliches Bedürfnis, sich täuschen zu lassen.« Seine Betrügereien bescheren ihm ein glanzvolles Leben voller charmanter Abenteuer, kleiner Diebereien, größerer Hochstapeleien und Täuschungsmanöver.

Hinter dem Amüsement über das Rollen- und Maskenspiel scheint aber auch eine gesellschaftspolitische Dimension durch – die Kritik an einer Gesellschaft, in der Menschen wie der Hochstapler und Täuscher Felix Krull bestehen und Erfolg haben können, in der gespaltene Figuren am Widerspruch zwischen Schein und Sein, zwischen äußerer Geltung und innerer Einsamkeit leiden.