Oper

La Traviata

Giuseppe Verdi (1813 –1901)
Melodramma in drei Akten
In italienischer Sprache. Mit deutschen Übertiteln.
Libretto: Francesco Maria Piave, nach »Die Kameliendame« von Alexandre Dumas d. J.
Uraufführung: 1853 in Venedig

Heather Engebretson
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson, Ioan Hotea
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson, Ioan Hotea, Helena Köhne
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson, Ioan Hotea
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson, Ioan Hotea
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson
Foto: Karl und Monika Forster
Ioan Hotea, Heather Engebretson
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson, Ioan Hotea
Foto: Karl und Monika Forster
Heather Engebretson
Foto: Karl und Monika Forster

Mit der »trilogia populare« aus »Rigoletto«, »Il trovatore« und »La traviata« beginnt Verdis Regentschaft als König der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts. Dabei stellte er Nerven und sittliches Empfinden seines Publikum auf eine harte Probe: nach einem buckligen Hofnarren und einer rachedurstigen Zigeunerin stand diesmal das glänzende Interieur der bürgerlichen Gesellschaft selbst auf der Bühne. Die Pariser Salons, das Landleben, die Bälle, aber auch die nächtlichen Hinterzimmer, die Doppelmoral, Krankheit und Tod. »Questo deserto Parigi«, diese Wüste Paris, nennt die Hauptfigur Violetta die Stadt, die heute Illusionsziel der Verliebten aller Welt ist. Doch auch sie, die Edelprostituierte, die die Spiele der Männer spielt und ihre Sprüche und Versprechungen kennt, die gefragt ist als Statussymbol und Objekt der Begierde auf Zeit, diese erfahrene Frau, die ihr Herz in einem Safe verschlossen hat, entgeht nicht der Sehnsucht aller Menschen: der großen, einzigen Liebe. Die Landflucht des Liebespaars reicht nicht aus als Entfernung von der Realität. Nicht die Gefühle Alfreds, der sie schwärmerisch anbetet, sind es, die das Glück scheitern lassen, und nicht das fehlende Geld – es ist die Gesellschaft, die die Gefühle der Menschen entfremdet und gnadenlos ihren Gesetzen unterwirft. Violetta weiß das, und fügt sich den Forderungen von Alfreds Vater, diesem aus Rücksicht auf das Familienrenommee zu entsagen. Ihr Protest gegen diese Unmenschlichkeit geht nach innen, ist Selbstverletzung und Krankheit, ist der Tod als Fluchtweg.

Verdis Meisterwerk, heute oft verkannt als ausschließlich romantische Ausstattungsoper mit »schön tragisch« endender Liebesgeschichte, war zur Uraufführung skeptisch aufgenommen worden – und somit vom damaligen Publikum richtig gedeutet. Doch heute wie damals rührt »La traviata«, die »vom Weg Abgekommene«, mit Verdis Musik zwischen schwebenden, irisierenden Ouvertürenklängen, perlenden Koloraturen, berührender Wärme und schneidendem Schmerz an Herz und Gerechtigkeitsempfinden des Zuhörers, und das ist nicht nur berechtigt, sondern beabsichtigt!

PREMIERE 6. März 2015

Pressestimmen

Ob eine so kleingewachsene, zartgliedrige Sängerin auf der Bühne würde bestehen können, das durfte man sich fragen – und konnte sich in Wiesbaden gleich eines Besseren belehren lassen: Die junge Amerikanerin Heather Engebretson (...) weiß sich zu behaupten.

Was aber an Stimme, selbst an Bruststimme, aus diesem zierlichen Körper heraustritt, ist von umwerfender Wirkung. Es deckt das ganze Ausdrucksspektrum in der Partie der Violetta ab, von der trotzigen Arroganz über das ungläubige Entdecken und den Frühling der Hingabe bis hin zur ultimativen Verzweiflung – da durfte gestaunt werden. – Ihr zur Seite steht der 1990 geborene Rumäne Ioan Hotea als Alfredo. Eine herrliche Stimme mit festem Kern und glanzvollen Obertönen, auf der Bühne zudem eine strahlende Erscheinung voll Kraft und Vitalität.

So ist es in der minimalistischen, aber mit kräftigen Theatermetaphern arbeitende Inszenierung, die Nicolas Brieger entworfen hat. Sie siedelt  »La Traviata« im Hier und Jetzt an, wie es Verdi ausdrücklich gewollt hat – weshalb der Salon Violettas durch die Party-Szene von heute ersetzt ist, Stretchlimo, Kindsmissbrauch und Sadomaso inbegriffen. Auf der kargen Bühne Raimund Bauers, in den expliziten Kostümen Andrea Schmidt-Futterers und in den scharfen Lichtwirkungen von Andreas Frank findet das alles schneidende, aber auch bewegende Wirkung.

Neue Zürcher Zeitung, Peter Hagmann, 09.03.2015
In einer Plexiglaskugel hängt Violetta am Tropf und vegetiert ihrem Ende entgegen, das von einem EKG-Monitor registriert wird. Als Double ist diese siechende Violetta stets präsent und wir auch von der Sopranistin Heather Engebretson angesungen, die der Figur, die ihren Tod vor Augen hat, eine bewegliche, leicht ansprechende Stimme leiht.
Aber die Sopranistin mit der Statur einer Kindfrau beglaubigt das Thema Missbrauch nicht nur physiognomisch, sondern wächst im Verlauf der Oper als Sängerdarstellerin über sich hinaus. Das Wiesbadener Premierenpublikum feiert sie und ihren ausgesprochen schön timbrierten, unverbrauchten, nach einem zu hoch angesetzten »Un di, felice« im 1. Akt überzeugenden Alfredo Ioan Hotea mit großer Herzlichkeit.

Dabei überzeugt Briegers Inszenierung durch eine mitreißend intensive Personenführung.
Wiesbadener Kurier, Volker Milch, 09.03.2015
Zerbrechlich ist schließlich das kurze Glück, das die Regisseur Nicolas Brieger hat den Dauerbrenner neu im Staatstheater Wiesbaden inszeniert, wo zuletzt eine gut abgehangene, fast 20 Jahre lang im Spielplan geführte Repertoire-Produktion der »Traviata« zum Hausinventar gehörte. Briegers neue Sicht auf das Stück erlebte auch vokal einen großen Erfolg beim Publikum.

Frankfurter Neue Presse, Axel Zibulski, 09.03.2015