Aktuelles | 06.04.2020

Nachruf auf Doris Eisenbach

† 5. März 2020
© Archivfoto Wiesbadener Kurier (Michael Ehresmannl / Team Brennweite)
Doris Eisenbach
…† 5. März 2020
 
Das Hessische Staatstheater Wiesbaden trauert um Doris Eisenbach.

Im Mai 1956 hatte sie unter der Intendanz von Friedrich Schramm ihre Tätigkeit am Staatstheater begonnen und versorgte seither mit einer schier unglaublichen Regelmäßigkeit die Zuschauerinnen und Zuschauer vor jeder Vorstellung an ihrer mobilen, nierenförmigen Theke aus Messing und Plexiglas mit den leckersten Köstlichkeiten. Immer elegant gekleidet, begleitete sie von ihrem Pausenstand aus viele Generationen von Menschen bei ihren Theaterbesuchen. Das Publikum liebte ihre Süßigkeiten – aber vor allem liebte es Frau Eisenbach. Diese entzückende Dame, die kein Blatt vor dem Mund nahm, stets eine schöne Anekdote parat hatte und jede Inszenierung zu kommentieren wusste, wurde zu einer festen Größe am Staatstheater.
Obwohl sie es selbst nie hören mochte, so war sie es: eine zeitgeschichtliche Institution seit nahezu 64 Jahren.

»Publikum und Theatermitarbeiter verehrten sie gleichermaßen. Wir werden ihren Witz, ihre Schlagfertigkeit und ihren Charme sehr vermissen.« (Uwe Eric Laufenberg | Intendant)

Geboren vor Beginn des Zweiten Weltkrieges in Essen – ihr Geburtsdatum vermag niemand recht zu kennen, denn es war stets ihr wohlgehütetes Geheimnis – verschlug es sie mit ihrer Familie nach Königsberg und von dort nach Dresden und Pommern. Eigentlich stammt die Familie aus Hessen, wo Doris Eisenbach Mitte der fünfziger Jahre über Solingen in Nordrhein-Westfalen wieder zu ihrer Mutter nach Wiesbaden gelangte. Hier war sie zunächst als Platzanweiserin in einem Kino beschäftigt, bevor sie von der Firma Sarotti den Auftrag erhielt, den Pausenstand zu betreiben. Gegen Ende der siebziger Jahre machte sie sich von der Firma unabhängig,
übernahm die nostalgische Messingtheke und wurde selbständig.

Wer sich ihre Theke aber genauer ansah, fand in einer kleineren Ecke einige Dias aus alten Zeiten befestigt – und wunderte sich. Die wenigsten wissen, dass Frau Eisenbach sechs Semester Kunstgeschichte studierte und tagsüber in ihrer theaterfreien Zeit gerne kunsthistorische Vorträge hielt. Sie kannte jeden Winkel des Theaters, konnte zu jeder Malerei, zu jeder Figur etwas erzählen und somit dem altehrwürdig-kaiserlichen Gemäuer die schönsten Geschichten entlocken. Ihre Leidenschaft für das Theater war bedingungslos.

Wir verneigen uns vor der Grande Dame des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden.
»Zu Besuch bei … Doris Eisenbach, der Süßigkeitenverkäuferin«
Doris Eisbach im Gespräch — Ein Videoporträt von Eduardo Mayorga (2015)