Oper
Doppelabend

Herzog Blaubarts Burg |
Die sieben Todsünden

A Kékszakállú Herceg Vára
Béla Bartók (1881 – 1945)
Oper in einem Akt
Libretto Béla Balázs
Uraufführung 1918 in Budapest
In ungarischer Sprache. Mit deutschen Übertiteln.
***
Kurt Weill (1900 – 1950)
Text von Bertolt Brecht
Uraufführung 1933 in Paris
In deutscher Sprache. Mit Übertiteln.

Trailer: Ullrich Bohn THEATER-TV
Trailer: Ullrich Bohn THEATER-TV
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone, Florian Küppers, Daniel Carison, Julian Habermann, Ralf Rachbauer
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Johannes Martin Kränzle, Vesselina Kasarova
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Johannes Martin Kränzle, Vesselina Kasarova
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Johannes Martin Kränzle, Vesselina Kasarova
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Johannes Martin Kränzle, Vesselina Kasarova
Foto: Karl und Monika Forster
Herzog Blaubarts Burg: Vesselina Kasarova, Johannes Martin Kränzle
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster
Die sieben Todsünden: Nicola Beller Carbone
Foto: Karl und Monika Forster

Herzog Blaubarts Burg

Der symbolistisch aufgeladene Märchenstoff und Bartóks impressionistische, sich ins Gewaltige steigernde Musik ziehen sofort in ihren Bann. Die rätselhafte Wortkargheit Blaubarts, die gnadenlosen Fragen Judits treiben das Paar unaufhaltsam einem bitteren Ende entgegen. Hinter jeder der sieben Türen der Burg öffnet sich eine neue Klangwelt, die die vorherige mit ausdrucksstarker, glitzernder und schließlich lähmend-trauriger Musik überbietet.

Die sieben Todsünden

Sind Paradies und Hölle heute noch Gegensätze? Sind die sieben Todsünden nicht eher moderne Verhaltensnormen? Sieben Jahre reist Anna durch sieben Städte und muss sieben Sünden widerstehen: Faulheit, Stolz, Zorn, Völlerei, Wollust, Habgier und Neid. Sie muss Geld verdienen und sich Gefühlen und Wünschen enthalten, damit sich ihre Familie – musikalisch inklusive der Mutter ein Männerquartett (!) – ein Häuschen leisten kann. Brecht und Weill taten sich nach »Mahagonny« noch einmal zusammen, um 1933 in Paris ein Stück herauszubringen, das die Mechanismen der Gewinnmaximierung charakterisiert und parodiert – mit Choral, Walzer, Blues, Foxtrott und Shimmy.

Diese Produktion wird theaterpädagogisch betreut.

Der Leistungskurs Musik im Jahrgang Q2 des Gymnasiums Taunusstein hat »Die sieben Todsünden« als Patenklasse begleitet und eigene Analysen verfasst.

Besetzung

Herzog Blaubarts Burg

Musikalische Leitung Philipp Pointner
Inszenierung Uwe Eric Laufenberg
Bühne Matthias Schaller, Susanne Füller
Kostüme Susanne Füller
Licht Andreas Frank
Dramaturgie Katja Leclerc

Die sieben Todsünden

Pressestimmen

Großer Respekt an den Mut des Wiesbadener Staatstheaters,diese beiden Opern zusammenzuführen. Eine echte Bereicherung des Opernangebots im Rhein-Main Gebiet und wohl ein einmaliges und gelungenes Experiment in Deutschland.
hboscaiolo.blogspot.com, H. Boscaiolo, 04.03.2019
Am Ende Begeisterung des Publikums für eine lebendige, auch in Matthias Schallers Bühne und Katarzyna Szukaszta Kostüme fantasievolle Inszenierung.
Wiesbadener Kurier, Volker Milch, 04.03.2019
Gedacht hat sich Bert Brecht sein Ballett „Die sieben Todsünden“ als ein Stück über die Korrumpierbarkeit auch der kleinen Leute durch die Kapital- und Konsumwelt. Anna wird von ihrer Familie in die Welt geschickt, um Geld für das Häuschen in Louisiana zu verdienen. Das tut sie durch Tanz, Betrug, Erpressung, Intrige und Hochstapelei. Aber nicht das sind die Sünden, sondern dass sie ihre Geschäfte nicht ernsthaft genug betreibt. Eingeredet wird ihr das von ihrem Alter Ego, der vernünftigen Anna, und ihrer Familie, ein im Männerquartett singendes Über-Ich. Die Musik hat Kurt Weill geschrieben und die Choreographie bei der Uraufführung 1933 George Balanchine entworfen. Die Regisseurin Magdalena Weingut hebt am Staatstheater Wiesbaden diese Trennung zwischen der tanzenden und der belehrenden singenden Anna wieder auf. Nicola Beller Carbone ist immer beides: Anna I und Anna II, was heute übrigens in den meisten Inszenierungen dieses Stücks der Fall ist. Aber Weingut zeigt, wie Anna an dieser Spaltung zerbricht und deckt damit eine häufig unbeachtete Seite des Stücks auf, dass eben kleinbürgerliche Ratio und impulsiver Lebensdrang sich zum persönlichen Drama verknäueln. Sie lässt Beller Carbone zaghaft mechanisch als Amüsierdame über die Bühne staksen, sie singt ihr Lied, wo es um die Bändigung des Zorns geht, in einer verletzlichen Unsicherheit. Sie ist damit wahrscheinlich näher am Stück, als wenn Dagmar Manzel seinerzeit an der Komischen Oper Berlin im Scheinwerferkegel alle Aufmerksamkeit auf sich polt oder neulich in Stuttgart die Elektropop-Sängerin Peaches daraus eine grelle Genderperformance macht. Gegen ihre Zerbrechlichkeit kämpft Anna aber durchaus noch an. Sie wechselt ständig die Perücken, als suche sie ihre Identität. Sie steht in enger hautfarbener Unterwäsche da, halb Mumie, halb erotisches Objekt. Dazu passt, dass die vier Männer in Arztkitteln penetrant auf sie einsingen und sie einmal gleich in eine Zwangsjacke pressen oder in der nächsten Nummer als angsteinflößende Fabelwesen auftauchen.Musikalisch geleitet wurde Kurt Weills Musik im Song-, Walzer-, und Foxtrottstil von Philipp Pointner, der allerdings im ersten Teil des Abends bei Béla Bartóks Einakter „Herzog Blaubarts Burg“ größere Profilierungsmöglichkeiten hatte. Er machte aus der Kurzoper eine veritable Symphonie mit allem, was dazu gehört: großer musikalischer Geste, farbenreiches Klangspiel, Bögen der Steigerung und motivische Feinarbeit. Diese Musik war so mehr als nur der Rahmen für die Wiederaufnahme von Uwe Eric Laufenbergs Inszenierung aus dem Jahr 2015, die die Begegnung des Herzogs mit Judit zu einer privaten Angelegenheit macht und bei der sich die Geheimnisse der sieben Türen seines Schlosses in einer Aktentasche wiederfinden.
Diese überaus intelligente Brechung des quasi mythischen Geschehens verlängern Vesselina Kasarova als Judit und Johannes Martin Kränzle als Herzog in ihrem Bühnenspiel, Kränzle, der einen nicht unsympathischen, zur Zärtlichkeit fähigen, aber irgendwo gewöhnlichen Liebhaber gibt, der sich, was man ihm nicht zugetraut hätte, erst am Ende als Frauenmörder entpuppt. Und Kasarova zeigt die Judit auch in einer gewissen Beiläufigkeit, zu der freilich auch gehört zu reflektieren, zu fordern und zu verführen. Aber immer so wie es jeden Tag in Wohnzimmern, Lounges oder in Hotels stattfinden könnte.
www1.wdr.de, Richard Lorber, 02.03.2019
Aufeiner Hoteletage (Bühne: Matthias Schaller / Susanne Füller) mit mysteriösbeweglichen Wänden, die der Herzog und seine neue Frau Judit per Aufzugerreichen, zeigt Laufenberg Blaubart wie 2015 unverblümt als Frauenmörder. Kränzle, der am Ende zögernd, mit sich ringend, unlustig zustechen wird, zeigtaber vorher überraschenderweise den glücklichsten aller möglichen Blaubarts. Das liegt an seiner Beweglichkeit, die er hier in die Energie eines seineVerlegenheit überspielenden, erwartungsfrohen Mannes umsetzt, vor allem jedochliegt es an seinem Lachen. Kränzles Blaubart lacht das arglose, lupenreine Lachen des Augenblicks, in dem alles schön und gut ist, ein Augenblick nur,aber nichts anderes zählt. Kränzles Blaubart singt groß und schön, keine Gewalt, keine Rauheit ist in seiner Stimme.
Erstens begreift man zum ersten Mal, was Judit an ihm findet – denn seine unerquickliche Burg ist gewiss nicht der Grund dafür, dass sie alles und allefür ihn verlassen hat. Zweitens wird einem klar, dass die zarte Möglichkeit eines guten Ausgangs nicht so abwegig ist. „Herzog Blaubarts Burg“ erzählt in Wiesbaden wirklich von Liebe und einer Sexualität, die beide wünschenswert finden, und erzählt davon, wie ein Mann sich nicht öffnen will, aber eigentlich will er es doch. Kränzle lässt uns dabei zuschauen.
Faszinierend: Aus dem Drama einer heillos liebenden Frau, wie es 2015 zu sehen war, wird das Drama einer geschlossenen Zweierbeziehung. Kränzle spielt so markerschütternd, dass im Grunde genommen sogar das Drama eines Mannes aufgeführt wird. Aber auch Vesselina Kasarova, die Judit von 2015, ist eine lebhafte, ihrem Gegenüber zugewandte Darstellerin, und sie verfügt über eine nicht minder füllige, dunkel lodernde, expressive Stimme. Das übliche Gefälleist nicht mehr da, beide hoffen, beiden ist Angst nicht fremd, aber er hat das Messer. Die Ausgestaltung der zu öffnenden Türen (des bloßzulegenden Blaubartschen Innenlebens) – ein Laptop, ein Schmuckkasten, Plastikblumen aus dem Badezimmer nebenan – wirkt nicht mehr pragmatisch und arg bescheiden, sondern dient sinnigdazu, nicht von den Menschen abzulenken. Bemerkenswert, wie diszipliniert Philipp Pointner das Orchester führt, blühend,aber immer wieder auch geschmackvoll abgedämpft. Zwischen dem offenbar verabredeten, Kränzle und Kasarova jedenfalls perfekt unterstützenden Wohlklang öffnen sich Abgründe von Traurigkeit. [...] Diesmal stand Bartóks Werk am Beginnund ging Kurt Weills „Die sieben Todsünden“ voraus, neuinszeniert von Magdalena Weingut, und zwar nicht als das Ballett, als das es konzipiert ist, sondern als Kammeroper. Das wirkt keineswegs fade, weil Nicola Beller Carbone als lichtzwitschernde und agile Anna ohne tanzende Zweit-Anna trotzdem immens charmantdie Bühne beherrscht. Weingut nahm die Todsünden nämlich von derleichtgewichtigen Seite. Rund um eine Badewanne (Bühne: Schaller) entstanden Tableaus mit variabel aufgemachter, äußerst beweglicher und leicht verstörter Anna sowie ihrer Familie, einem bizarren, aber zurückhaltenden, herrlich scharfund präzise singenden Quartett aus seitengescheitelten Bartträgern.
Frankfurter Rundschau, Judith von Sternburg, 05.03.2019
Der Spielwillen, mit denen die beiden Sänger den nervenzerfetzenden Geschlechterkampf interpretieren, überzeugt in jeder auf Ungarisch gesungenen Minute des Einakters, so dass allein das symbolistisch aufgeladene Psychodrama Bartóks den Besuch des Abends wert ist. Nicht nur Kränzles edler baritonaler Schmelz, der die fiebrigen Gesangslinien mit Herzblut ausmalt, auch sein gestisches und mimisches Spiel bestürzen in seiner Eindringlichkeit. Etwa, wenn er sich, ganz Gefangener seiner materiellen, potenten Männlichkeit und ausgestattet mit allen Insignien des erfolgreichen Businesstyps, mit Macht gegen die Offenlegung seines banalen Geheimnisses wehrt: der schrecklichen Entdeckung, dass er einer Frau emotional nichts mehr bieten kann, weil er ausgebrannt ist. Und dass er für den materiellen Erfolg einen furchtbaren Preis gezahlt hat: die emotionale Lebendigkeit. Als Kasarovas warm und vital gestaltete Judit seinem Geheimnis der psychischen Impotenz gefährlich nahe kommt, als sie die siebte, verschlossene Tür seiner Burg – ein unpersönliches Hotelzimmer – öffnen will, zeichnet Kränzle seinen Herzog als zwanghaften Angstneurotiker: Entsetzlich zitternd, ersticht er in tiefster Verzweiflung mit dem siebten Schlüssel die geliebte Frau. Nach dem Mord zündet auch diesmal als Finale ein cooler Effekt, der bereits in der Premierenserie für Furore sorgte: Der erkaltete Herzog des Kapitals verlässt mittels verspiegeltem Privat-Aufzug den blutigen Loft. Und wird sich mit Sicherheit bald ein neues, weibliches Opfer suchen. So die überzeugende Lesart des Wiesbadener Intendanten, die nichts an Aktualität eingebüßt hat. […] Das 1933 in Paris uraufgeführte Werk von Weill, Brecht und Balanchine war ursprünglich als Ballett mit Gesang konzipiert und handelt von der schizophrenen Anna, die sich in ihr singendes und tanzendes Ego aufteilt. Sie muss im mittleren Westen, von ihrer ausbeuterischen Familie beauftragt, schnellstens Geld für das zu erbauende Häuschen in Louisiana beschaffen.
Das gelingt ihr nur, indem sie sich zunehmend als Diebin, Sängerin und Prostituierte betätigt und ihre eigenen Bedürfnisse immer mehr zurückstellt. Während Bühnenbild (Matthias Schaller) und die Regie von Magdalena Weingut bisweilen die Grenzen zum kreuzbraven Boulevardtheater touchieren, arbeiten sich die fünf Sänger tapfer durch die nüchtern-ironische Weill-Welt. Die ausdrucksfähige Stimme der grazilen Nicola Beller Carbone changiert treffsicher zwischen Oper und Chanson, während ihre skurrile Familie als originelles und wandlungsfähiges Männerquartett besticht: Allein den Bassisten Florian Küppers als Mutter mit hängendem Busen unterm Strickpullunder des maskulinen Gesamtoutfits bei der Familienaufstellung zu entdecken, sorgt für köstliche Irritationen. Bestens disponiert fallen auch die Quartettszenen mit Vater alias Ralf Rachbauer und den Brüdern I und II (Julian Habermann und Daniel Carison) ins Auge.
Die musikalische Gesamtleitung liegt in den kundigen Händen von Philipp Pointner, der die spätromantischen Tongemälde Bela Bartóks sinnlich zum Leuchten bringt und den trocken-rotzigen Weill-Ton herrlich beiläufig ausgestaltet.
Frankfurter Neue Presse, Bettina Boyens, 05.03.2019